Licht aus – Nacht an

18.05.2023

Lichtschutzgebiet und Sternenpark – Die Winklmoosalm

Das Almgebiet der Winklmoos-Alm ist seit Mai 2018 ein international anerkannter Sternenpark, der vierte Sternenpark in Deutschland und zugleich der erste Sternenpark in den Alpen.

Sternenparks bieten aufgrund sehr geringer Lichtverschmutzung außergewöhnliche Naturlandschaften und einen atemberaubenden Blick in die Sterne. Sie helfen, die faszinierende Schönheit des Sternenhimmels als wertvolles Gut und Kulturgut zu erhalten. Zugleich schützen sie aber auch den Lebensraum für viele tag- und vor allem nachtaktive Tiere. Denn fast alle Lebewesen auf der Erde sind zur Gesunderhaltung regelmäßig auf eine ausreichend dunkle Nacht angewiesen. So auch der Mensch.

„Was das Mikroplastik in unseren Meeren, Seen und Böden, ist das Kunstlicht in unserer Atmosphäre!“

– Paten der Nacht –

Eine Gruppe aus insgesamt 41 interessierten Schülerinnen und Schülern aus den Outdoorklassen der Jahrgangsstufe 6 sowie deren Eltern haben sich an einem Neumondabend im Mai in Seegatterl getroffen, um sich über das Thema Lichtverschmutzung zu informieren. Ganze Ökosysteme können kollabieren, wenn es nachts durch das viele Kunstlicht nicht mehr dunkel genug wird. Derart zertifizierte Gebiete schützen also die Nacht und wahren damit die Dunkelheit. Deshalb werden Sternenparks auch als Lichtschutzgebiet bezeichnet.

Die Gruppe hatte die Gelegenheit sich das Weltall von Astronom und Physiker Manuel Philipp erklären zu lassen. Der Referent ist Initiator des Sternenparks Winklmoosalm und hat allen in 180 Minuten eine spannende Reise durchs Universum ermöglicht. Er erklärte Sternbilder und glitzernde Sternfelder, brachte Roten Riesen, galaktischen Nebeln und Galaxien näher. Dabei beantwortete er alle möglichen Fragen, die er sich auf unterhaltsame Art selbst stellte:

  • Was ist ein Stern, wie entsteht er, warum leuchtet er, warum und wie stirbt er?
  • Oder ist das, was man da sieht, ein Planet?
  • Was sind Galaxien und sieht man sie?
  • Was und wo ist die Milchstraße und wo sind wir?
  • Und all die Sterne: wie weit sieht man mit bloßem Auge und wie groß und wie weit weg ist das alles?
  • Wo findet man sein Sternzeichen, wo die wichtigsten Sternbilder?
  • Warum sind Krebse eigentlich Zwillinge?

In der fast klaren, mondfreien Nacht stockte mach Teilnehmer der Atem, denn dem bloßen Auge zeigten sich bis zu 6000 Sterne. Ein Sternenmeer, in dem man regelrecht versinken kann. Zweimal zog die fast Fußballfeldgroße ISS durch den Abendhimmel über den Köpfen vorbei. Philipp erklärt dabei, dass die hunderten anderen Satelliten mit einer Größe von Waschmaschinen dagegen zu klein seien, um das Licht der Sonne über einen längeren Zeitraum zu reflektieren und damit optisch schnell wieder verschwinden, im Gegensatz zur tiefer fliegenden ISS, die über ihren kompletten Verlauf am Himmel sichtbar ist. Der Referent führte dabei aus, dass die geplanten 6000 neuen Satelliten, die demnächst weltumspannend zum Einsatz kommen sollen, soviel zusätzliches Licht auf die Erde reflektieren, dass die Lichtmenge in der Nacht um 15% zunimmt. Dabei wies er auf die Lichtverschmutzung, die durch München, Rosenheim und Salzburg am Horizont sichtbar war hin.

Mai - Blickrichtung Nord 
Mai - Blickrichtung Nord
Mai - Blickrichtung Ost 
Mai - Blickrichtung Ost
 

Von Sternenschirm, Sternenmilch und Sonnenschnuppen

Der Vortrag klärt auch den Unterschied zwischen Stern und Sonne, der eigentlich keiner ist – außer der Schreibweise, womit die Zuhörer unterschiedliche Beispiele aus dem Sprachgebrauch amüsierten: Sternenhut und Sonnenbild, Sternenschein oder Sonnenhimmel.

Die Spiralarme unsere Heimatgalaxie der Milchstraße zeigten sich nicht, denn diese verbergen sich im Frühjahr am Horizont. Dafür sah die Gruppe Venus und Mars und erfuhr, dass der weitest entfernte Stern, den man gerade noch mit bloßem Auge erkennen kann, immerhin schon 10.000 Lichtjahre entfernt von der Erde (das sind 100.000 Billionen Kilometer, also 1.700.000.000.000.000.000 km) ist. Bei dieser Dimension verliert man schon mal den Überblick, aber der Referent konnte mit vielen Beispielen bleibende Eindrücke vermitteln, so auch, die Überlegungen zu Außerirdischen, die Reise zu anderen Planeten und die Probleme mit der Zeit. Näher brachte er auch unseren nächsten Nachbarstern, Proxima Centauri, der einer Entfernung 4,24 Lichtjahren zur Zeit unserer Sonne am nächsten steht. Sehen können wir den Stern aber nicht. Dafür ist er zu klein und zu leuchtschwach. Was ihn aber interessant macht ist der planetare Begleiter von Proxima Centauri mit dem einfachen Namen Proxima b. Dieser umkreist seinen Stern in engem Orbit mit einer Umlaufzeit von nur 11,2 Tagen, hat aber die (theoretisch) Bedingungen mit gemäßigten Temperaturen und flüssiges Wasser, die Leben auf ihm ermöglichen würden. Zwischendurch sorgten auch Sternschnuppen (oder waren es jetzt Sonnenschnuppen?) für Abwechslung, genauso wie der Vortrag, den Herr Philipp mit viel Witz und einer beleuchteten Sonne, einem grünen Lichtschwert und diversen Szenarien untermalte.

Die Winklmoos-Alm bewies an diesem Abend, dass sie nicht nur zu den größten Almgebieten im gesamten Alpenraum gehört, sondern präsentierte den Anwesenden auch ein fantastische Hochplateau mit beeindruckende nächtlichen Landschaftszügen und prächtigen Gebirgsketten. Dies waren optimale Bedingungen für einen Sternenhimmel mit ein nahezu uneingeschränktem 360 Grad Panorama. Die Sichtbarkeit vieler feiner Details am Sternenhimmel ist dort beeindruckend ausgeprägt, weil sich das Almgebiet auf 1200 m Höhe (ü.d.M.) befindet. Der Nachthimmel ist auch am Horizont wunderbar dunkel, weil sich große Städte und Dorfgebiete mit ihren hellen Lichtglocken allesamt 30-70 km entfernt befinden.

Mai - Blickrichtung Süd 
Mai - Blickrichtung Süd
Mai - Blickrichtung West 
Mai - Blickrichtung West
 

Info: Lichtverschmutzung oder Dunkelheitsverschmutzung?

Lichtverschmutzung beschreibt den Prozess der Aufhellung der Nacht und des Nachthimmels durch künstliches, das heißt elektrisches Licht. Seit seiner Erfindung vor rund 150 Jahren erhellen wir Menschen damit die Dunkelheit. Da dies nachgewiesenermaßen als eine Art Umweltverschmutzung und damit negativ zu bewerten ist, wird dieser nächtliche Kunstlichteintrag auch als Lichtmüll oder Lichtsmog bezeichnet. Wenn wir Menschen die Dunkelheit der Nacht durch Nutzung von künstlichem Licht erhellen und somit verschmutzen, müsste dieses Phänomen doch eigentlich „Dunkelheitsverschmutzung“ heißen und nicht Lichtverschmutzung. Dennoch hat sich Lichtverschmutzung als Begriff durchgesetzt und passt genau genommen auch. Denn es wird tatsächlich ein Licht verschmutzt: nämlich das der Nacht. Selbst an den dunkelsten Orten dieser Welt ist die Nacht nicht 100 %ig dunkel. Es herrscht immer eine gewisse Grundhelligkeit.

Lichtschutzgebiete sollen aufzeigen und sensibilisieren, wie wichtig ein bewusster, verantwortungsvoller und bedarfsgerechter Umgang mit künstlichem Licht für Umwelt, Natur und Mensch ist. Gleichzeitig sollen sie aber auch sichtbares Vorbild und Vorzeigeobjekt sein, wie ein verantwortungsvoller, die Nacht schützender Umgang mit Licht aussieht und dass so etwas relativ einfach und auch für jeden umsetzbar ist. Alle IDA-Sternenparks verpflichten sich also, den dunklen Nachthimmel dauerhaft zu erhalten bzw. dort, wo es erforderlich ist, durch entsprechende Maßnahmen (immer) wieder herbeizuführen.

Termine

Aktuelles

 
 

Hertzhaimer-Gymnasium Trostberg,  Stefan-Günthner-Weg 6,  83308 Trostberg, 08621 / 9851 - 0, sekretariat@hgtb.de