Wild im Winterwald

03.12.2022

Die Geschichten des Rotwilds und des Waldes im Natio­nalpark Berchtesgaden sind eng miteinander verbunden. Als die Flussauen noch unverbaut waren, zog das Wild im Winter aus dem Gebirge in die Täler. Da dies nicht heute mehr möglich ist, verbleibt das Rotwild im Klausbachtal in einem Wintergehege. Sobald die Ranger des Nationalparks der Meinung sind, dass alle Kühe, Hirsche und Kälber im Wildfütterungsgehege sind, werden die 25 Tore bis zum Frühjahr geschlossen. Auf der Fachexkursion zu diesem Areal wurde den Teilnehmern viel Wissenswertes über die Lebensweise des Schalenwilds des Nationalparks durch eine Rangerin nähergebracht.

Rothirsch - Diätspezialist im Winter

Das Rotwild ist Deutschlands größte Hirschart und lebt die meiste Zeit des Jahres sehr sozial in Rudeln. Nur zur Brunft im September röhren die Hirsche um die Wette und kämpfen mit ihren Geweihen, um Anspruch auf die Weibchen zu erheben. Sobald die Temperaturen im Herbst sinken, ist für Rothirsche Ruhe angesagt. Aktivität verbraucht Energie, doch das Rotwild findet als Pflanzenfresser im Winter nur wenig bis gar nichts zu futtern.

Eine Winteranpassung bei diesen Tieren ist die Verkleinerung der inneren Organe wie Leber, Niere und sogar vom Herz. So schrumpfen auch die Verdauungsorgane des Rotwilds im Winter erheblich. Diese Maßnahme können die Tiere sich gut leisten, weil sie ohnehin weniger fressen und daher weniger zu verdauen haben. Die kleineren Organe wiederum brauchen dann weniger Energie. Kombiniert mit einer besseren Nahrungsausnutzung durch angepasste Transportprozesse im Darm, ist es ein Schritt zum Überleben im Winterwald.

In dieser Zeit fällt das Rotwild in eine Art Stoffwechselruhe. Es reduziert seine Körpertemperatur und den Herzschlag von etwa 70 auf rund 40 Schläge in der Minute. Auch die Atmung und der Puls werden deutlich langsamer.

Die Tiere befinden sich im "Ausnahmezustand" - und brauchen jetzt Ruhe!

Diese Informationen bekamen die Teilnehmer der Fachexkursion auf ihrer Wanderung zur Wildtierfütterung am Wintergehege des Rotwildes im Klausbachtal. Dabei wurde der Nationalpark mit seinen Besonderheiten vorgestellt und die besondere Ruhebedürftigkeit der Waldtiere erläutert.

Die Gruppe beherzigte die Ratschläge zur Ruhe so gut, dass sie am Futterplatz der Hirsche und Hirschkühe mit einem beeindruckenden Schauspiel belohnt wurden. Die Stille in der Beobachtungshütte war perfekt, sodass das sonst so scheue Rotwild sich aus dem Dickicht traute und sich aus nächster Nähe beobachten ließ. Nach und nach kamen bis zu 44 Tiere aus dem Bergwald an die Futterstationen.

Die Rangerin erklärte dabei, dass in diesem Jahr eine Hirschkuh eine verschobene Brünftigkeit hat und aktuell empfängnisbereit wäre, sodass die Gruppe einen kurzen Kampf zweier Hirschbullen außerhalb der eigentlichen Brunftzeit erleben konnten.

Auch die Frage, warum die Tiere gar nicht rot sind, wurden aufgelöst: Der Begriff Rothirsch leitet sich vom rotbraunen Sommerfell ab. Jetzt im Winter ist es graubraun.

Beeindruckt von dem Geschehen an den Futterplätzen wurde den Teilnehmern unterschiedliche Ge­weihe, Felle, Losungen und Trittspuren der Wildtiere Gams, Steinbock, Reh und Rotwild im Nationalpark nähergebracht.

Rotwild
Rotwild
Rotwild
 
Rotwild
Rotwild
 

Reh - Anpassungsfähiger Kräuterprofi

Das Reh ist die in Europa häufigste und kleinste Art der Hirsche. Als sogenannter „Trughirsch“ ist es aber näher mit dem Elch verwandt als mit dem bei uns heimischen Rotirsch. Es ist auch kein Rudeltier, sondern einzelgängerisch mit einem kleinen Aktionsraum. Nur zu Beginn des Herbstes schließt sich Rehwild zu kleinen Verbänden, den Sprüngen, zusammen. Im Gegensatz zu Rotwild bevorzugen Rehe ausschließlich leicht verdauliche Nahrung wie junge Gräser, Knospen, Kräuter und im Winter die grünen Blätter von Brom- und Himbeeren. Von Anfang September bis Anfang November nehmen die Tiere stark an Gewicht zu. Die so angelegten Reserven dienen der Überbrückung des Nahrungsmangels im Winter.

Gams - Kletterkünstler in luftigen Höhen

Die Gämse ist ebenfalls ein Wiederkäuer und gehört zur Familie der Hornträger. In den Sommermonaten tragen Gämsen ein gelbbraunes Fell mit einem deutlichen schwarzen Aalstrich auf dem Rücken. Im Winter ist ihr Fell eher schwarz mit gräulich-brauner Unterwolle. Die Gams ist auf das Leben im Hochgebirge besonders gut vorbereitet: Dank ihrer spreizbaren Hufe (Schalen) und hartgummiartigen Sohlen kann sie im felsigen Gelände bis zu zwei Meter hohe und sechs Meter weite Sprünge absolvieren und in abschüssigem Gelände bis zu 50 km/h schnell sein. Durch einen ungewöhnlich hohen Anteil roter Blutkörperchen wird ihr Körper auch bei hoher körperlicher Leistung mit ausreichend Sauerstoff versorgt. Das Besondere ist ihr Herz: Ein Gamsherz hat ein sehr großes Volumen und sein Muskel ist wesentlich dicker als bei „Flachlandsportlern“, wie etwa dem Reh. Dadurch übersteht Gamswild wenn nötig bis zu 200 Herzschläge pro Minute.

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